Kompressionsstrumpf
Liebe Patientin, lieber Patient.
Sie sollen oder müssen einen medizinischen Kompressionsstrumpf tragen. Damit Sie sich mit diesem neuen Kleidungsstück leichter anfreunden können und schneller gut zurechtkommen, wollen wir Ihnen einige Informationen mit auf den Weg geben.
Ein medizinischer Kompressionsstrumpf, allgemein Gummistrumpf genannt, gehört zu den medizinischen Heil- und Hilfsmitteln. Anwendung, Verordnung und Abgaben, Kostenübernahme etc. sind in der Heil- und Hilfsmittelverordung geregelt. Der Gummistrumpf ist daher von Sinn und Zweck und auch nach dem Willen des Gesetzgebers ähnlich zu sehen und zu bewerten wie ein Medikament, d.h. an die Verordnung, Anpassung und Abgabe sind strenge Maßstäbe anzulegen. Daher und nicht zuletzt auch wegen der anfallenden, nicht unerheblichen Kosten, ist die Anpassung sowie die Überwachung der Versorgung und die Therapiekontrolle in diesem Sinne eine ärztliche Aufgabe. Der Verordnungsgeber hat zur Rezeptur von Strümpfen sprachliche Vorgaben gemacht, die immer wieder zu Mißverständnissen Anlaß sind. In der Verordnung heißt es Medizinischer Kompressions-Strumpf nach Maß, damit ist gemeint, daß bei der Anpassung des Strumpfes das Bein vermessen werden muß und keinesfalls geschätzt werden soll. Es bedeutet nicht Maßanfertigung. In den weit überwiegenden Fällen kann aufgrund der Art der Erkrankung und der anatomischen Voraussetzungen ein Serienstrumpf oder Konfektionsstrumpf, der in vielfältigen unterschiedlichen Größen vorgefertigt an Lager liegt, abgegeben werden. Die Notwendigkeit einer Maßanfertigung ist eine medizinische und damit ärztliche Entscheidung und keinesfalls eine Entscheidung der abgebenden Stelle (z.B. Sanitätshaus). Ein Gummistrumpf ist nach den Vorgaben der Gesundheitsreformgesetze zuzahlungspflichtig. Achten Sie daher auf diese Vorgaben, es geht auch um Ihr eigenes Geld, denn eine Maßanfertigung ist erheblich teurer als ein Serienstrumpf.
Aufgabe des Kompressionsstrumpfes:
Ziel der Anwendung eines medizinischen Kompressionsstrumpfes ist es, ein Bein oder einen Arm schlank zu halten und die Einlagerung von Ödemflüssigkeit zu verhindern. Daneben führt der Kompressionsstrumpf durch die Ausübung von Druck zu einer Kompression und damit Engerstellung der tiefen Venen. Dies führt durch die Querschnittsverminderung der venösen Strombahn bei gleichbleibendem Kreislaufvolumen zu einer Beschleunigung des venösen Blutflusses, d.h. unter dem Gummistrumpf fließt das Venenblut schneller. Schnellere Strömung ist eine Sicherung z.B. gegen Thrombosen. Wegen seiner besonderen physikalischen Eigenschaften gehört ein Gummistrumpf immer auf ein schlankes Bein. Ein Gummistrumpf kann bei sachgemäßer Anwendung ein Bein dünn halten aber i.d.R. nicht oder zumindest nicht ausreichend dünn machen. Ein Gummistrumpf hat einen hohen Ruhedruck und einen niedrigen Arbeitsdruck. Der hohe Ruhedruck ist der Grund dafür, daß ein Gummistrumpf auf einem geschwollenen Bein als unangenehm bis schmerzhaft empfunden wird und das man mit einem Gummistrumpf einer höheren Kompressionsklasse schlecht schlafen kann, weil er drückt.
Natürlich kann der beste und schönste Gummistrumpf seine segensreiche Wirkung nur zeigen, wenn er auch getragen wird und zwar regelmäßig, immer und ganztägig. Dies ist insbesondere in der Frühphase der Ödembehandlung wichtig. Wenn Sie den Strumpf weglassen und Sie sich in aufrechter Körperstellung bewegen, ist das Bein innerhalb weniger Stunden wieder vollgelaufen mit Ödemflüssigkeit. Disziplin ist gefordert. Das bedeutet auch, daß im Fall, daß Sie mit dem Strumpf nicht zurechtkommen, sofortiger Beratungsbedarf gegeben ist. Kommen Sie zu uns und besprechen Sie das Problem mit uns. Sie können davon ausgehen, daß auch Ihr Problem nicht neu ist und gelöst werden kann. Wir kennen die Lösung.
Wenn Sie zu einer Kontrolle einbestellt sind, so macht die natürlich nur Sinn, wenn Sie den Strumpf auch anhaben. Der Aussage "Ich habe den schon ausgelassen, damit es schneller geht." Liegt also ein Denkfehler zugrunde.
Gewebe:
Das Gewebe eines Gummistrumpfes ist recht kompliziert gebaut und besteht aus zwei mit einem textilen Faden umsponnenen Gummifäden und einem textilen Haltefaden. Dabei muß beim Strickvorgang noch die Vorspannung im Hinblick auf den angestrebten Ruhedruck berücksichtigt werden.
Kompressionsklassen:
Für unterschiedliche Anforderungen gibt es Strümpfe mit unterschiedlichem Andruckverhalten. Einheitlich ist, daß der Druck, den der Strumpf auf das Bein ausübt in der Knöchelregion am höchsten ist und der Druck von dort aus nach oben hin gleichmäßig geringer wird. Auch ein langer Strumpf hat etwa in Oberschenkelmitte einen Druck von Null erreicht. Die Höhe des Druckes wird in Kompressionsklassen von 1 bis 4 angegeben, wobei der Strumpf der Kompressionsklasse 1 der mit dem geringsten Druck ist. Am häufigsten kommen die Strümpfe der Kompressionsklasse 2 und 3 zur Anwendung.
Die Länge des Strumpfes am Bein kennt Wadenstrümpfe (Kniestrümpfe) Halbschenkel-Lang, Schenkellang und Strumpfhosen. Welche Länge im Einzelfall erforderlich ist hängt von der Erkrankung bzw. der Art der Behandlung ab. Für chronische Anwendungen ist, wenn immer möglich, der Wadenstrumpf zu bevorzugen, da dieser den höchsten Tragekomfort, sprich Bequemlichkeit verspricht.
Anziehen/Ausziehen:
Je höher die Kompressionsklasse, um so schwieriger ist der Strumpf anzuziehen. Am allerschwierigsten ist es eine Strumpfhose anzuziehen. Die Schwierigkeit liegt darin, den engen Fesselanteil des Strumpfes über die Ferse zu bringen. Hierzu ist der Gebrauch von Gleithilfen z.B. in Form eines Seidensockens unverzichtbar. Damit die Gleithilfe auch wieder entfernt werden kann muß der Strumpf einen offenen Fußabschluß haben. Um das Gewebe nicht zu beschädigen und durch Zerreißen oder Überdehnen der elastischen Fasern den Strumpf nicht zu zerstören, soll der Strumpf nicht "angezogen" werden, sondern unter Zuhilfenahme von speziellen Gummihandschuhen am Bein ausgestreift werden. Diese Anziehregeln müssen sorgfältig beachtet werden, soll der Strumpf seine durchschnittliche Nutzungsdauer von etwa 6 Monaten bei Daueranwendung erreichen. Manchmal ist es bei gleichzeitig am Bein befindlichen Verbänden oder bei feuchter, schwitziger Haut kaum möglich, den Strumpf regelgerecht anzuziehen. Dann ist es notwendig, eine bleibende Rutschhilfe in Form eines abgeschnittenen Nylon-Damenstrumpfes zu benutzen. Trotzdem kann das Anziehen eines Strumpfes insbes. für ältere oder behinderte Patienten schwierig bis unmöglich sein. Dann muß Hilfe zugezogen werden. Aber auch für den "normalen", kräftigen Patienten bedarf das sachgerechte Anziehen eines Medizinischen Kompressionsstrumpfes einiger Übung. Auch beim Ausziehen eines Gummistrumpfes ist Sorgfalt angezeigt. Es kann dies einmal durch Umkehr des Anziehvorganges erfolgen oder eine Hilfsperson zieht den Strumpf von oben her fußwärts umschlagend unter gleichmäßigem, nicht ruckartigem oder gewaltsamem Ziehen, aus.
Befestigung: Ist der Strumpf mit Mühe und Sorgfalt angezogen, so muß man bedenken, daß der Strumpf eine vorgesehene Länge hat. Auf diese Länge soll der Strumpf ausgestreift werden. Er soll nicht lang gezogen werden. Da das Material elastisch ist, kann man mit etwas Mühe und Glück den Gummistrumpf "bis zum Hals" ziehen. Dies ist aber nicht gefordert und nicht sinnvoll. Kniestrümpfe halten aufgrund der Wadenwölbung in der Regel von selbst. Alle kniegelenküberschreitenden Strümpfe müssen befestigt werden, da es sich ja um einen Zweizug-Strumpf handelt. Es werden eine Reihe von Befestigungsmöglichkeiten angeboten. Strumpfhalter und Hüftseitenteile dürften nur selten zur Anwendung kommen. Am besten und einfachsten ist das Festkleben des Strumpfes mit einem Spezialklebstoff, der in einem Rollstift verfügbar ist. Ein Strumpf der keine ordentliche Befestigung in der Höhe aufweist, kann keine ordentliche Wirkung erzielen, da seine korrespondierenden Umfänge nicht auf den vorgesehenen Beinabschnitten sitzen, weil er rutscht.
Merke: Strümpfe immer befestigen.
Pflege:
Gummistrümpfe müssen regelmäßig gewaschen werden um Schweiß und Schmutz herauszulösen. Neben den hygienischen Gründen ist dies auch aus Materialgründen erforderlich, da Schweiß und Körperfett die elastischen Gummifasern zerstören. Beachten Sie die Waschanleitung. Strümpfe sollen nicht in die Waschmaschine und sie sind temperaturempfindlich.
Lebensdauer/Wiederholungsverordnung:
Bei der Notwendigkeit einen Gummistrumpf regelmäßig, d.h. täglich zu tragen, ist zunächst festzustellen, daß pro Bein 2 Strümpfe aus hygienischen Gründen erforderlich sind. Bei besonderen, z.B. beruflichen Anforderungen, auch 3 oder 4 pro Bein. Medizinische Kompressionsstrümpfe sind Verschleißartikel. Bei sorgfältiger Pflege und ordnungsgemäßer Handhabung, hält ein Strumpf etwa 6 Monate. Entsprechend sehen die Verordnungsrichtlinen eine Wiederholungsverordnung nach 6 Monaten vor. Dies ist eine "kann"-Regel, die in begründeten Fällen auf ärztliche Verordnung hin überschritten werden kann.
Kontrollen:
Wenn Sie zum erstenmal einen Kompressionsstrumpf tragen oder ein neues Modell bekommen haben oder sonst eine Besonderheit vorliegt, legen wir Wert darauf, daß wir nach einigen Tagen, in denen Sie den Strumpf getragen haben, eine Kontrolluntersuchung machen. Wir wollen uns dann davon überzeugen, daß der Strumpf ordentlich sitzt und das therapeutische Ziel erreicht wird. Schließlich wollen wir sehen, ob Sie mit der Strumpfversorgung ansonsten zurechtkommen. Dies ist auch der Zeitpunkt, wo erforderliche Zweitversorgungen durchgeführt werden, oder aber, wenn etwas nicht in Ordnung ist, Korrekturen angebracht werden können. Dazu ist es natürlich erforderlich, daß Sie in der Zwischenzeit den Strumpf regelmäßig, wie verordnet, getragen haben und vor allem, den Strumpf zum Kontrolltermin auch tragen und zwar am Bein und nicht in der Tasche. Andernfalls ist eine solche Kontrolle sinnlos.
Wenn es nicht klappt, sprechen Sie uns an.
Wir kennen die Lösung